Ein wenig vorsichtig noch klettern wir aus dem kleinen, sechzehn Passagiere fassenden Flugzeug der Shangri-La Airlines. Die Lehrer Namgyal und Motiram empfangen uns, sichtlich dankbar dafür, daß wir zu ihnen ans 'Ende der Welt' gekommen sind. Der Lama selbst kann als einer der Hauptakteure im großen Dumjhe-Maskentanzfest das Dorf Junbesi nicht verlassen. Junbesi ist der zentrale Ort der Solu-Sherpa. Frühlingssonne, blühende Bäume, die gleißend weißen Gipfel der Schutzgötter unserer freundlichen Wegbegleiter lassen uns die Bedrohung bald vergessen. Nach gut drei Wegstunden sehen wir jenseits des schattigen Nadelwaldes das frühlingsgrüne Dorf Junbesi zwischen den mächtigen Baumstämmen hindurchschimmern. |
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Hier warten Ngawang Jinpa Lama und unser großer Schüler Kusang auf uns. Aber auch andere vertraute Gesichter begrüßen uns mit offener Freude. Von überall ruft es namaste, namaste, willkommen! Viele alte Freunde aus Europa sind in diesen unruhigen Zeiten dem Tal ferngeblieben. |
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Selbst auf dem heiligen Stupa am Dorfeingang haben die Maoisten die rote Flagge mit Hammer und Sichel gehißt, und an der Mauer der Schule steht zu lesen: Long live People's War. Jemand hat das Wort 'War' durchgestrichen. |
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Noch am selben Abend leiten unter den Augen des goldglänzenden Ödpamed, Buddha des Westlichen Paradieses, die altertümlichen Schwarzhutzauberer, die Shanag, das Tanzdrama im Tempelhof ein. |
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Die Shanag sind die geheimnisvollen Meditationsmeister des tibetischen Cham-Maskentanzes. |
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Mahakala, der Große Schwarze Schutzgott, und die löwenköpfige Senge Doma, Herrin über Leben und Tod, flößen Furcht ein. Mit weit ausholenden Schritten tanzen sie in der Dunkelheit der Nacht zu den schrillen oder dröhnenden Klängen von Becken, Beintrompeten und Schellen. |
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Auf dem Opferaltar leuchten 108 Butterlampen. Sie umrahmen die Ersatzopfer, in deren Mittelpunkt eine aus Teig geformte Männer- und eine Frauengestalt stehen: Pho-Mo-Lud. |
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Die Versammlung der Shanag und der Gottheiten vollzieht das Opfer in der düsteren Neumondnacht. Die Figuren, in die die Shanag die zerstörerischen Kräfte hineingebannt haben, werden unter abschreckendem Pfeifen und Rufen aus dem Dorf getragen. Die Zeremonie wirkt ernster, eindringlicher als in den Jahren zuvor. Es gilt, eine massive Bedrohung abzuwenden. |
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Zuschauer im Feststaat oder barfüßig wie dieser Junge, sehen fasziniert zu. |
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Wir verlassen Junbesi und wandern zu unserer Schule nach Phugmoche hinauf, die neben dem kleinen Kloster hoch oben auf einem riesigen Felsen thront.
Am steilen Hang, unter blühenden Rhododendren, erwarten uns der Lama, die Schüler und ihre Lehrer. |
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Die rot gekleideten älteren Schüler, die die Religionsklasse besuchen –
unsere Mädchen, groß und klein, und unsere kleinen Jungen, alle herausgeputzt im traditionellen Schulkleid,. |
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In der hellen Aprilsonne begegnet uns die Tanzgruppe des Sechzehn-Häuser-Dorfes Pangkarma. |
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Unten am Fuß des Felsens und oben am Eingang zur Schule heißen uns Transparente willkommen. |
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Die Geistlichkeit hat vor den Schulgebäuden Platz genommen.
Lama Tenzing aus Junbesi leitet die Zeremonie und segnet die Teilnehmer an den Festdarbietungen. |
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Die Lehrerinnen und die Lehrer erfreuen die Gäste mit einem Lied.
Dann überreicht Lama Tenzing Anneliese Dietrich eine in Messing gravierte Urkunde in einem geschnitzten Holzrahmen, geschmückt mit einem weißen Ehrenschal: 'Witness to Excellence'. Hier steht zu lesen, welchen Segen das Projekt dem Tal gebracht hat. Mit der Schule haben wir den Kindern aus armen Elternhäusern nicht nur den Weg zur Bildung bereitet, sondern durch Gesundheitsfürsorge und Erziehung zur Hygiene ihre gesamte Entwicklung positiv beeinflußt. |
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Unsere Paten und Spender sitzen auf Ehrenplätzen und werden mit Transparenten gewürdigt. |
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Vater Kaji Sherpa aus dem winzigen Bergnest Sungjingma: fünf, sechs Häuser und ein Tempel, spricht für das School Management Committee. Er dankt begeistert und fügt hinzu: "Unsere Kinder haben eine wunderbare Chance - leider bin ich selber zu früh geboren und für die Schule zu alt!". |
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Lehrer Govinda erfreut uns wortgewandt mit einer launigen, doch angemessen respektvollen Rede. |
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Die jungen Leute aus Pangkarma tanzen nicht nur, sie singen auch mit kräftigen, melodischen Stimmen wie wir sie aus dem tibetischen Hochland kennen. |
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Ein wenig abseits sehen Lehrerin "Nyima-Miss" und Lehrer "Namgyal-Sir" zu, erleichtert darüber, daß die Zeremonie so reibungslos verläuft. |
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Der inoffizielle Teil:
Die Gäste aus Deutschland haben Süßigkeiten mitgebracht, eine seltene, doch hochgeschätzte Leckerei, die sofort verschlugen wird – ob das Bauchweh gibt? |
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Mit anmutigen Bewegungen bieten die kesse Tsering Dolma aus Pangkarma und die hübsche Chyoti aus dem südlichen Sherpaland mit ihren Tanzpartnern, Chepal von der Yakalm und Sonam vom Tragsindu-Paß, einen Tanz aus dem nepalischen Hügelland dar. |
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Zum Abschluß ehren unsere großen Schüler Rinji und Ang Nyima aus Pangkarma mit dem altertümlichen Hochzeitstanz mit Schwert und Yakwedel die aus dem fernen Osten Tibets mitgebrachten Schutzgötter der Sherpa: Pho-Lha und Dra-Lha. Neben seinen Pflichten als Schüler gibt Rinji Unterricht in der Tradition und in der Muttersprache der Sherpa. Er ist 'Sherpa-Volunteer'. |
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Wir nehmen Abschied von Phugmoche mit seinen Rhodorendron-Bäumen in ihrer üppigen Blütenpracht und vom herrlichen Solu-Tal. |
Unsere Gedanken sind bei den Kindern in Phugmoche, das sich in zehn Jahren zur schönsten Schule entwickelt hat, die wir in Nepal gesehen haben. Die Kinder widmen sich mit Ernst dem Lernen: sie haben begriffen, daß sie in die Schule gehen d ü r f e n. Wir haben großartige, engagierte Lehrer. Die Leistungen unserer Mädchen und Jungen sind im Allgemeinen so gut, daß sie bei einem Schulwechsel zu den besten in ihrer neuen Klasse gehören.
Hier, am Ende der Welt, im letzten Tal unter den Eisgipfeln der höchsten Berge unserer Erde, haben wir ein wunderbares Projekt geschaffen. Das erfüllt uns mit Freude und Dankbarkeit - und trotz aller bedrohlichen Zeichen: mit Hoffnung. |
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